Schützenpanzer Puma in toxischer Starre

„Für die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, besteht der Insidern bekannte Zielkonflikt mit Blick auf die Einsatzbereitschaft des SPz Puma für die NATO-Speerspitze zwischen militärischem Wollen und tatsächlichem Können jedenfalls weiter. Die liberale Parlamentarierin attestiert dem latent wackligen Vorhaben vor allem zeitliche wie haushälterische Uneinigkeit, da die Feldverwendungstauglichkeit des Waffensystems Puma viel zu spät, konkret zu Frühjahrsbeginn 2021 attestiert wurde. Fakt sei aber, dass der SPz Puma nun nachgewiesenermaßen in der Lage ist, MELLS gegen gehärtete Ziele bis zu einer Kampfentfernung von 4.000 Meter zielsicher verschießen zu können. ‚Der Puma ist unbestritten der modernste und beste Schützenpanzer weltweit. Entscheidend wird sein, dass er diese Qualitäten auch zuverlässig und unter hoher Belastung zeigen kann‘, so die FDP-Expertin gegenüber NV.
Die verspätete zeitliche Zertifizierung führte innerhalb der parlamentarischen Debatten um die Haushaltsmittelbewilligung schließlich dazu, dass nun lediglich das erste Puma-Los auf den heeresseitig angestrebten Kampfwert im sogenannten ‚VJTF-Standard‘ hochgerüstet werden kann, wie die FDP-Politikerin auf Anfrage weiter mitteilte. Durch die zeitliche Verzögerung bei der Feststellung der taktischen Einsatztauglichkeit seitens der Truppe, sei es parlamentarisch nicht mehr möglich gewesen, auch für das zweite Puma-Los die erforderlichen Haushaltsmittel einstellen zu können. Und das, obwohl gegenüber der Allianz die zugesagte NATO-Verpflichtungen Deutschlands weiterhin besteht, wie Strack-Zimmermann unterstrich, denn die Fähigkeiten des Puma werden sowohl in der angestrebten Qualität als auch in der versprochenen Quantität dringend benötigt.
Der Erhalt der rüstungsindustriellen Kernkompetenz sei auch mit Blick auf die Entwicklung des Kampfpanzers der Zukunft (Main Ground Combat System, MGCS) von Bedeutung, um die nationale Federführung bei dem angestrebten Hightech-Projekt zu behaupten. Allerdings gibt die Verteidigungspolitikerin zu bedenken, dass die Finanzierung des zweiten Puma-Loses erhebliche Haushaltsmittel verschlingen würde, denn die Realisierung entspreche einer höchst kostspieligen Goldrandlösung. Wegen der erheblichen Finanzmittelbindung sei es gegebenenfalls pragmatischer, alternativ auf ein Radsystem wie das einsatzbewährte Gruppentransportfahrzeug Boxer zu setzen, das ebenfalls mit einer 30 Millimeter Maschinenkanone im Puma-Standard einrüstbar wäre. Damit würde Deutschland im Übrigen auch einem rüstungspolitischen Trend folgen, der bei den NATO-Partnern Großbritannien und Frankreich zu erkennen sei und eine vermutlich ebenso günstigere und lieferschnellere Lösung darstellen könnte.
Natürlich sei ein solch ersatzweiser ‚Boxer-Plan‘ nicht mit Haushaltsmitteln hinterlegt; im schlimmsten Fall gebe es für das Heer dann weder das zweite Puma-Los noch den Boxer für die Truppe, so Strack-Zimmermann. Und so dürfte die anhaltende Hängepartie seitens des Bendlerblocks, bei der sich das rüstungsindustrielle Konsortium von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann ‚wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert‘ habe, weiterhin bestehen, wie die FDP-Verteidigungsexpertin abschließend konstatierte. Zudem müsse auch in das Altsystem SPz Marder investiert werden, da nur so die Ausbildungskapazitäten für die Panzergrenadiertruppe und die gepanzerte Präsenz bei der Enhanced Forward Presence im Baltikum aufrechterhalten werden könne. Insgesamt stellten sich damit verteidigungspolitisch hochkomplexe Fragen, über die man sich parlamentarisch noch keine abschließende Meinung gebildet habe.“
Artikel von Diplom-Kfm. Volker Schubert, NV Hauptstadt-Korrespondent