Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann

INTERVIEW | "Sie vermitteln mir gerade das Gefühl, Sie hätten Verständnis für Putin"

WELT: Sie beide hat in diesem Jahr die Krise der Gegenwart sehr beschäftigt, vor allem der Krieg in der Ukraine. Die eine als Politikerin, die andere als Philosophin. Sie haben dabei unterschiedliche Positionen vertreten. Liegt das daran, dass Sie sich der Realität anders nähern?

Svenja Flaßpöhler: Mein Job als Philosophin ist es, für die nötige Komplexität zu sorgen. Mich interessiert die Vorgeschichte dieses Krieges, mich interessieren ethische Fragen, die man mit dem Verweis, dass die Ukraine jetzt unsere Hilfe braucht, nicht wegwischen kann. Aber natürlich haben alle, die sich in die Debatte einbringen, auch eine persönliche Geschichte. Einer meiner Großväter ist schwerstgeschädigt aus dem Krieg zurückgekommen, zwei Brüder meiner Großmutter wurden getötet. Meine Urgroßmutter hat sich daraufhin das Leben genommen. Das prägt natürlich meine politische und moralische Intuition, was das Thema Krieg und Waffenlieferungen angeht.

WELT: Damit wären wir dann doch sofort bei dem Punkt, bei dem Sie ganz anderer Meinung sind als Frau Strack-Zimmermann. Sie haben schon im Mai einen Brief gegen die Lieferungen militärischen Geräts unterschrieben und sich für einen Waffenstillstand ausgesprochen – Frau Strack-Zimmermann hat für diese Lieferungen gekämpft.