INTERVIEW | "Das können nur Leute sagen, die mit dem Hintern im Warmen sitzen"
Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, fordert schon länger, der Ukraine auch schwere Waffen zu liefern. Und ist froh darüber, dass jetzt auch Kanzler Olaf Scholz klare Worte gefunden hat.
SZ: Frau Strack-Zimmermann, schwebt Deutschland wegen seiner Waffenlieferungen an die Ukraine in der Gefahr, in einen Krieg hineingezogen zu werden, der möglicherweise in einem dritten Weltkrieg endet?
Strack-Zimmermann: Wir sollten uns das Narrativ des dritten Weltkrieges oder eines Atomkrieges, das von Putin bewusst lanciert wird, nicht zu eigen machen. Natürlich ist die Lage extrem ernst. Wir wissen, dass Putin in keiner Form berechenbar ist. Trotzdem empfehle ich Ruhe zu bewahren. Wenn wir aufgrund dieser verbalen Drohungen wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen, dann werden wir wie gelähmt nichts unternehmen. Das wäre nicht gut. Nicht nur wegen des Grauens in der Ukraine, sondern auch, weil es darum geht, unsere Werte von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten zu verteidigen.
Ihr Parteifreund, Justizminister Marco Buschmann, hat kürzlich erklärt, durch Waffenlieferungen an ein angegriffenes Land würde man völkerrechtlich nicht zur Kriegspartei. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages sieht das jetzt differenzierter. Wenn ukrainische Soldaten an deutschen Waffen ausgebildet werden, bewege man sich in einer Grauzone.
Wir sind nicht Kriegspartei, keiner der Soldaten von uns oder unserer Verbündeten betritt ukrainischen Boden. Das ist zentral. Mit ein Grund, warum wir abgelehnt haben, eine Flugverbotszone durchzusetzen. Denn damit würden wir in einen unmittelbaren Kampf mit der russischen Armee eintreten. Aber wir sind natürlich parteiisch. Wenn die Ukraine völkerrechtswidrig rücksichtslos angegriffen wird, müssen auch wir Stellung beziehen. Und das machen wir nicht nur durch Erklärungen und humanitäre Hilfe, sondern auch, indem wir Waffen und militärisches Material schicken. Wichtig zu verstehen ist: Die Frage, ob Wladimir Putin uns beziehungsweise die westliche Welt als Kriegspartei definiert, entscheidet Putin für sich selbst. Darauf haben wir so oder so keinen Einfluss. Das Völkerrecht interessiert ihn dabei nicht die Bohne. Für uns als Nationen, die das Recht akzeptieren, ist es umso wichtiger, dass wir uns daran halten. Das bedeutet, das zu machen, was das Völkerrecht klar definiert: Wer überfallen wird, darf sich zur Wehr setzen, und die Nachbarn dürfen ihn dabei mit entsprechendem Material unterstützen. […]
Interview geführt von Peter Fahrenholz