Gastbeitrag | Schröder „schadet dem Land, dem er dienen soll“
Sergej Lawrow ist seit vielen Jahren der Wadenbeißer Putins. Als eine Geburtsklinik in Mariupol von russischen Raketen getroffen wurde, nannte er die Klinik einen Stützpunkt ukrainischer Nazis. Eine unfassbare Verhöhnung eines zutiefst menschenverachtenden Angriffs.
Eine der Begründungen Putins und natürlich auch Lawrows für den Angriff auf die Ukraine ist, dass diese unbedingt zu entnazifizieren sei. Dass selbst der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj jüdischen Glaubens ist, spielt bei den vielen irrationalen und abwegigen Äußerungen des Kremls dann auch keine Rolle mehr.
Nach dem völkerrechtswidrigen und furchtbaren Angriffskrieg der Russen, deren Angriff auf die Ukraine nun schon seit zwei Wochen andauert, wurden zarte Hoffnungen geweckt, als das heutige Treffen des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow im türkischen Antalya bekannt gegeben wurde. Leider führten diese Gespräche zu keinem Ergebnis - erwartungsgemäß, muss man fast sagen.
Der ukrainische Außenminister wollte humanitäre Fragen klären, der russische Außenminister sah sich für Kleinigkeiten wie humanitäre Angelegenheiten nicht zuständig und wollte lieber langatmige Vorträge halten, weshalb Russland zu seinem Handeln quasi gezwungen sei. Ein blanker Hohn angesichts des menschlichen Dramas, das sich in der Ukraine derzeit abspielt.
Gleichzeitig merkt auch Lawrow: Die russische Armee steckt in der Ukraine fest. Tausende Soldaten wurden getötet und hunderte Panzer, Flugzeuge und Helikopter zerstört. Die erhoffte handstreichartige Übernahme der Ukraine - sie entpuppte sich als grobe Fehleinschätzung der russischen Staatsspitze. Die russische Führung macht trotzdem so brutal wie nur möglich weiter und ignoriert alle Regeln, die selbst in einem Krieg gelten.
Das wird besonders sichtbar angesichts gezielter Angriffe auf die Zivilbevölkerung, auf Kinderkrankenhäuser und mit Blick auf verminte Evakuierungskorridore. Das kann man nur als ultimative Verbrechen an der Menschlichkeit bezeichnen. Es passt zu Massenmörder Putin.
Eigentlich erscheint es sinnlos, mit solchen Menschen noch zu sprechen. Eigentlich ist jedes Wort an Lawrow und Putin verschwendet. Lawrow hielt vor einigen Tagen vor einem leeren Saal eine Rede an die UN -Vollversammlung. Die Diplomaten anderer Staaten hatten den Raum verlassen. Bringt es noch etwas mit Lawrow und Co. zu reden?
Die Antwort ist trotz aller Irrationalität ein Ja. Der Gesprächsfaden darf nicht abreißen. Kann man mit Vertretern eines Regimes sprechen, das mutwillig einen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen hat, das Grenzen verschieben will und das Völkerrecht in eklatanter Weise verletzt? Lässt sich mit einem Machthaber verhandeln, der andere Staats- und Regierungschefs über seine Pläne belogen hat, nicht müde wird, weitere Unwahrheiten in die Welt zu setzen, und gar mit dem Einsatz von Atomwaffen droht?
Darf man mit Männern verhandeln, die den Tod von Frauen, Männern und Kindern auf dem Gewissen haben?
Man kann nicht. Man muss. Natürlich wäre es der schönste Weg, Wladimir Putin zu verhaften und in Den Haag für Menschenrechts- und Kriegsverbrechen vor Gericht stellen zu können. Aber das ist momentan noch unrealistisch. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass der Wind im Kreml noch länger so dramatisch scharf weht wie jetzt.
Wir unterstützen die Ukraine deshalb auch weiterhin. Mit Material, Waffen und humanitärer Hilfe, aber eben auch mit Gesprächen. Natürlich müssen wir Putin mit härtesten Sanktionen strafen - aber eben auch den diplomatischen Weg offen halten, um jederzeit einen Ausweg aus diesem Krieg zu ermöglichen. Das sind wir den Menschen schuldig, die dieses Regime nicht unterstützen und die unter seinen Angriffen leiden. Das ist unsere Pflicht als Europäer und Demokraten.
Es kommt jetzt darauf an, Putin gegenüber auf der einen Seite unseren Widerstandswillen zu demonstrieren, denn auch die Sanktionen zeigen bereits Wirkung. Auf der anderen Seite müssen wir einen Weg zum Frieden trotzdem jederzeit ermöglichen. Und dafür müssen wir mit Lawrow und Putin reden. So schwer und sinnlos es auch scheinen mag.
Das bedeutet übrigens nicht, dass Putin in Friedensverhandlungen belohnt werden darf. Er hat sämtliches Vertrauen in seine Zusicherungen auf ewig zerstört. Ebenso wie sein Kumpane Lawrow - was dieser in der Türkei heute wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.
Da helfen im Übrigen auch die Beschwichtigungs- und sog. „Vermittlungs“-Versuche seines Freundes und Alt-Kanzlers Gerhard Schröder nichts mehr. Auch hier müssen wir konsequent sein. Wir müssen uns im Bundestag konkret darum bemühen, Gerhard Schröder die Ausstattung eines Altbundeskanzlers zu entziehen.
Er schadet dem Land, dem er dienen soll und lässt sich dafür bereitwillig von einem Autokraten mehr als gut bezahlen. Eine Apanage vom deutschen Staat ist damit nicht vereinbar. Die kollektive Kündigungswelle in seinem Büro zeigt, dass auch seine bisherigen Mitarbeiter über deutlich mehr Weitsicht als der Altkanzler verfügen und das genauso sehen.