Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann

DR. MARIE-AGNES STRACK-ZIMMERMANN: Plenarrede vor dem Deutschen Bundestag

Die kommunalpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, in der Debatte zum Stadtentwicklungsbericht 2020:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor uns liegt ein durchaus blumiger Bericht über die Stadtentwicklung und über die Bundesförderprogramme. Der Bericht bestätigt: Die Innenstädte verlieren ihre Individualität und damit Attraktivität. Die Menschen suchen Wohnraum, wollen flexibler arbeiten. Pendler und Verkehrsströme werden zu einer immer größeren Herausforderung. Sie führen in Ihrem Bericht, Herr Minister, unzählige Maßnahmen und Projekte an, durchaus auch interessante; aber die Frage muss erlaubt sein, inwieweit dieser Dschungel an Förderprogrammen wirklich hilfreich ist oder nicht ablenkt von den eigentlichen Problemen und Defiziten, die die Bundesregierung bis dato versäumt hat zu lösen, nämlich das ganze Thema der Digitalisierung, das uns ja gerade jetzt in Pandemiezeiten voll auf die Füße gefallen ist.

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Meine Damen und Herren, wir müssen die kommunale Welt nicht nur aus der Großstadtperspektive betrachten.
Wir müssen den ländlichen Raum mehr denn je in den Fokus nehmen; denn wer die Ballungszentren wirklich entlasten will, der muss jenseits der Städte Lebensalternativen anbieten. Die Voraussetzung ist der flächendeckende Breitbandausbau, und zwar bis in die hinterste Ecke der Republik.

Nur so werden Menschen wieder rausziehen, nur so sich Firmen niederlassen, nur so wird neues soziales Leben entstehen und nur so die kommunale Verwaltung in die Lage versetzt werden, Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern und Gewerbetreibenden digital, unkompliziert und zügig zu befrieden, auf allen Ämterebenen.

Nur 47 Prozent der Kommunen in Deutschland haben überhaupt eine Digitalisierungsstrategie, und sage und schreibe nur 7 Prozent der Gemeinden wären in der Lage, diese auch umzusetzen. Meine Damen und Herren, Herr Minister, Sie sprechen immer wieder von der Revitalisierung der Ortskerne und haben unzählige Projekte im Angebot. Abgesehen davon, dass der Begriff „Revitalisierung“ mehr an ein morgendliches Duschbad erinnert als an eine wirkliche kommunale Strategie – zu dieser gehört übrigens auch physische Erreichbarkeit durch ein entsprechendes Schienennetz –, werden Ihre Förderprogramme in den jeweiligen Kommunen in der Menge verpuffen. Das von Ihnen propagierte Onlinezugangsgesetz, welches die Interaktion zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Verwaltung schneller und effizienter machen soll, schleppt sich leider dahin. Die Kommunen merken unmittelbar, ob die Rahmenbedingungen für moderne Strukturen, für Mobilitätspolitik vom Gesetzgeber auf den Weg gebracht werden. Ja, einzelne Förderprogramme, oft komplex in der Handhabe, helfen alleine nicht weiter, weil sie die grundsätzlichen Defizite nicht kompensieren werden.

Meine Damen und Herren, die Rathäuser kommen ihren Verpflichtungen den Menschen gegenüber nach; aber die Rahmenbedingungen muss der Bundestag auf den Weg bringen. Und schade, wirklich schade, dass die Bundesregierung in dieser Legislatur, wild gestartet mit großen Ambitionen, eben nicht den großen kommunalen Wurf auf den Weg gebracht hat!