Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann

DR. MARIE-AGNES STRACK-ZIMMERMANN: Plenarrede vor dem Deutschen Bundestag

Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, in der Debatte zum Bericht des Untersuchungsausschusses zu Vergabeverfahren im Verteidigungsministerium: 

„Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Sie Kopfschmerzen haben – nach der Rede von Herrn Otte kann das vorkommen –, dann gehen Sie in die Apotheke und kaufen Aspirin. Da gibt es einen Beipackzettel dazu, und da können Sie die Risiken und Nebenwirkungen nachlesen.

Wenn Sie Ministerin sind und sich zur Unterstützung Berater ins Haus holen, dann gibt es auch einen Beipackzettel, nämlich die Berichte des Bundesrechnungshofes. Und wenn Sie persönlich der Beipackzettel nicht interessiert, interessiert das auch andere nicht; es ist egal. Das ist bei einem Bundesrechnungshofbericht allerdings definitiv anders; denn wenn Sie da die Warnungen nicht berücksichtigen oder geflissentlich übersehen, kann das für den Steuerzahler ausgesprochen teuer werden.

Um bei unserem Sachverhalt, über den wir uns leider – das ist schon bemerkenswert genug – gerade mal eine halbe Stunde austauschen, im Bild zu bleiben: Wenn Sie sich Ihr Aspirin bevorzugt in der Apotheke eines guten Freundes oder einer ehemaligen Kollegin kaufen, interessiert das auch keinen. Anders ist es, wenn lukrative öffentliche Vergaben immer wieder bei denselben Freunden, Patentanten oder Weggefährten landen.

Allein der Anschein der Bevorzugung, meine Damen und Herren, wird das Vertrauen der Bevölkerung in diese Entscheidungsprozesse zerstören. In der Berateraffäre reden wir nicht mehr über einen bloßen Anschein. Hier haben Berater und Beraterinnen von ihren guten Kontakten zu Entscheidungsträgern profitiert. Und das System, das die rechtmäßige ordentliche Vergabe hätte gewährleisten sollen, hat versagt. Die Details können Sie jetzt nachlesen, auf 700 Seiten. Ich empfehle die Lektüre nicht nur Kollegen Otte, sondern besonders den Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ministerien; denn wir brauchen uns nicht vorzumachen, dass es beim Thema „Beratung und Unterstützung“ nur im Verteidigungsressort Defizite gibt. Das glaubt kein Mensch.

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Die FDP empfiehlt deswegen gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen und den Linken Maßnahmen, um diesen Methoden Einhalt zu gebieten, und zwar, Herr Otte, im Gegensatz zur Union, die mit dem Status quo offenbar wunderbar leben kann und die auch meint, dass die Verantwortung für den Totalausfall im Ministerium seinerzeit nicht bei der ehemaligen Ministerin von der Leyen gelegen habe.

Meine Damen und Herren, wenn jemand in Kenntnis der Risiken und Nebenwirkungen sein Haus für Beratungen von außen sperrangelweit öffnet, aber keine Vorsorge trifft, um ordentliche Prozesse zu gewährleisten, wenn es am Ende heißt: „Ich habe anderen vertraut; mit den Fehlern habe ich nichts zu tun“, dann hat das mit Führungsverantwortung überhaupt nichts mehr zu tun.

Und wenn dann noch Aufklärungsprozesse behindert werden – gelöschte Handydaten, geschwärzte Akten, kollektiver Gedächtnisschwund vom Feinsten –, bleibt nach einem Jahr Aufklärungsarbeit ein bitterer Beigeschmack.

Das muss sich in diesem Hause ändern, und vor allen Dingen bei Ihnen, Herr Otte. Denn was ist das für ein Demokratieverständnis? Dass dieses Haus einen Untersuchungsausschuss einsetzen kann und sich über ein Jahr mit dem Thema beschäftigt, hat einen guten Grund. Vorher weiß man das Ergebnis in der Tat nicht; heute sind wir schlauer. So etwas darf in diesem Land nicht vorkommen.“